Gemeinsame Stellungnahme zur Haushaltssituation: Appell für den Erhalt der Kinder- und Jugendhilfe im Landkreis Havelland
Die jüngsten Entwicklungen im Haushalt des Landkreises Havelland sorgen für erhebliche Unruhe, besonders im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Die Arbeitsgemeinschaft 78 (AG78), das Kinder- und Jugendparlament Rathenow sowie das Jugendforum Falkensee äußern sich gemeinsam zur aktuell verhängten Haushaltssperre und den weitreichenden Folgen für die sozialen Strukturen der Region.
Ein alarmierendes Signal für die Zukunft
Mit großer Besorgnis wird die Haushaltssperre im Sozialbereich zur Kenntnis genommen. Auch wenn diese Entscheidung aus einer haushaltspolitischen Perspektive nachvollziehbar erscheinen mag, birgt sie erhebliche Risiken – besonders für die jüngste und verletzlichste Gruppe der Gesellschaft: die Kinder und Jugendlichen.
Die steigenden Ausgaben in der Kinder- und Jugendhilfe reflektieren nicht nur die zunehmenden Bedürfnisse, sondern auch die wachsende Verantwortung, die unsere Gesellschaft gegenüber jungen Menschen übernehmen muss. Der Ruf nach Prävention wird lauter, denn es gilt, Probleme frühzeitig zu erkennen und anzugehen, bevor sie eskalieren. Wer an Präventionsmaßnahmen spart, muss langfristig mit weit höheren Kosten für Interventionen rechnen – sei es durch Krisenbewältigung, gestiegene Gesundheitsausgaben oder soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit und Ungleichheit.
Prävention darf kein Sparpotenzial sein
Ein besonderes Problem besteht darin, dass Präventions- und Kooperationsmaßnahmen oft als freiwillige Aufgaben der Kommunen eingestuft werden. Bei knappen Haushaltsmitteln werden sie häufig als erstes infrage gestellt. Doch der Gesetzgeber sieht das anders: § 79 SGB VIII schreibt unmissverständlich vor, dass ein „angemessener Anteil“ der bereitgestellten Mittel für die Jugendarbeit verwendet werden muss. Diese Vorgabe ist bindend und nicht nur eine Empfehlung. Daher fordern die Initiativen, dass die Mittel für Jugendarbeit nicht gekürzt, sondern angesichts der gestiegenen Bedarfe sogar aufgestockt werden.
Trotz dieser gesetzlichen Regelung sind solche Leistungen oft nicht einklagbar, was sie in Haushaltsverhandlungen schwächt. Die Verfasser der Stellungnahme betonen jedoch: Wer heute an der Prävention spart, handelt kurzfristig und gefährdet die soziale Stabilität der Zukunft.
Konkrete Folgen für die Jugend
Die Auswirkungen der Haushaltssperre sind bereits spürbar. Geplante Ferienfreizeiten in den Herbstferien 2024 könnten ausfallen, da die notwendigen Mittel eingefroren sind. Obwohl diese Einsparungen auf den ersten Blick gering erscheinen, sind die langfristigen Folgen für die betroffenen Kinder schwerwiegend. Ohne pädagogisch wertvolle Freizeitangebote besteht die Gefahr von sozialer Isolation und einer unkontrollierten Nutzung digitaler Medien.
Auch Cannabis-Präventionsprojekte, deren Bedeutung nach der Legalisierung von Cannabis größer ist als je zuvor, stehen auf der Kippe. Es wird die Frage aufgeworfen, welchen wirklichen Nutzen es hat, wenige hundert Euro für Präventionsmaßnahmen einzusparen, während gleichzeitig ein Millionen-Defizit im Landkreis bekämpft werden soll.
Appell an die Verantwortlichen
Es ist jetzt entscheidend, die Finanzierung der Kinder- und Jugendarbeit gemäß §§ 11, 13 und 14 SGB VIII nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern sie weiter auszubauen. Frühzeitige Unterstützung und Interventionen wirken sich langfristig positiv auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aus. Fachpublikationen zeigen, dass präventive Maßnahmen nicht nur das individuelle Wohl der Betroffenen verbessern, sondern auch erhebliche volkswirtschaftliche Einsparungen ermöglichen.
Die Verfasser appellieren eindringlich an die Entscheidungsträger des Landkreises Havelland, die Haushaltssperre im Bereich der Kinder- und Jugendsozialarbeit sofort aufzuheben. Die kurzfristige Schieflage des Haushalts wiegt weniger schwer als das langfristige Wohl der Kinder und Jugendlichen, die eine positive Zukunft nur durch ausreichende Unterstützung und Förderung erlangen können.
Nur durch eine vorausschauende und verantwortungsbewusste Finanzpolitik kann sichergestellt werden, dass die Kinder und Jugendlichen im Landkreis Havelland auch in Zukunft die notwendige Unterstützung erhalten, um eine stabile und gesunde Gesellschaft zu schaffen – eine Investition, die sich langfristig für alle auszahlt.
Unterstützung durch den Kitabeirat Havelland
Der Kitabeirat Havelland befürwortet und unterstützt diese Stellungnahme vollumfänglich. Als Interessenvertretung der frühkindlichen Bildung und Betreuung erkennen wir die Bedeutung von präventiver und nachhaltiger Jugendhilfe für die gesamte Gesellschaft. Wir fordern gemeinsam mit den oben genannten Akteuren die sofortige Aufhebung der Haushaltssperre im Bereich der Kinder- und Jugendsozialarbeit, um sicherzustellen, dass die jungen Menschen in unserer Region auch weiterhin die Förderung und Unterstützung erhalten, die sie dringend benötigen.